Lebende Pilzbatterie: Die Bio-Batterie, die gefüttert werden muss und sich selbst abbaut

Gerade im Bereich der Materialwissenschaft sind Pilze noch zu wenig erforscht und genutzt.
Empa
Eine Batterie, die man nicht aufladen muss, sondern… füttern? Genau das ist Empa-Forschenden mit ihrer 3D-gedruckten, biologisch abbaubaren Pilzbatterie gelungen. Die lebende Batterie könnte Sensoren für die Landwirtschaft oder die Forschung in abgelegenen Regionen mit Strom versorgen. Ist ihre Arbeit getan, löst sie sich selbst von innen auf.
Empa-Forscher Gustav Nystroem mit der Pilzbatterie, die von einer Bienwachskapsel umschlossen ist.
Empa
Pilze faszinieren. Dieses Reich der Lebewesen – näher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt – umfasst eine enorme Vielfalt. Hier findet man alles: vom Speisepilz bis zum Schimmel, vom Einzeller bis zum grössten Organismus der Erde, vom krankmachenden Schädling bis zum Superhelden, der Medikamente herstellt. Nun haben Empa-Forschende den Pilzen eine weitere Fähigkeit entlockt: Strom generieren.
Im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojekts, das von der Gebert Rüf Stiftung im Rahmen des Förderprogramms «Microbials» unterstützt wurde, haben Forschende des Empa-Labors «Cellulose and Wood Materials» nämlich eine funktionierende Pilzbatterie entwickelt. Viel Strom produzieren die lebenden Zellen nicht – aber genug, um damit beispielsweise einen Temperatursensor über einige Tage zu betreiben. Solche Sensoren kommen in der Landwirtschaft oder in der Umweltforschung zum Einsatz. Der grösste Vorteil der Pilzbatterie: Sie ist nicht nur komplett ungiftig, anders als herkömmliche Batterien, sondern auch noch biologisch abbaubar.
Nachwuchswettbewerb „NanoMatFutur“: BMBF fördert Projekt von Dr. Matthias Elm mit rund 1,4 Millionen Euro
Korrekterweise handelt es sich bei der Zelle nicht um eine Batterie, sondern um eine sogenannte mikrobielle Brennstoffzelle. Wie alle Lebewesen wandeln Mikroorganismen Nährstoffe in Energie um. Mikrobielle Brennstoffzellen machen sich diesen Stoffwechsel zunutze und greifen einen Teil der Energie als Strom ab. Bisher wurden sie meist mit Bakterien betrieben. «Wir haben erstmals zwei Pilzarten zu einer funktionierenden Brennstoffzelle kombiniert», sagt Empa-Forscherin Carolina Reyes. Die Stoffwechsel der beiden Pilze ergänzen sich: Auf der Anodenseite befindet sich ein Hefepilz, dessen Metabolismus Elektronen freisetzt. Die Kathode ist von einem Weissfäulepilz, der Samtigen Tramete, besiedelt. Die Tramete produziert ein besonderes Enzym, dank dem die Elektronen eingefangen und aus der Zelle geleitet werden können.
Dabei werden die Pilze nicht etwa in die Batterie «gepflanzt», sondern sind von Anfang an ein integraler Bestandteil der Zelle. Die Komponenten der Pilzbatterie werden nämlich mittels 3D-Druck hergestellt. Das erlaubt den Forschenden, die Elektroden so zu strukturieren, dass die Mikroorganismen möglichst einfach an die Nährstoffe kommen. Dafür werden die Pilzzellen unter die Drucktinte gemischt. Einfacher gesagt als getan: «Es ist anspruchsvoll genug, ein Material zu finden, in dem die Pilze gut wachsen», sagt Gustav Nyström, Leiter des «Cellulose and Wood Materials» Labors. «Die Tinte muss sich dann aber auch gut extrudieren lassen, ohne dass die Pilzzellen dabei sterben – und natürlich sollte sie noch elektrisch leitfähig und biologisch abbaubar sein.»
Dank der grossen Erfahrung ihres Labors im 3D-Druck von weichen, biobasierten Materialien gelang es den Forschenden, eine passende Tinte auf der Basis von Cellulose herzustellen. Die Pilzzellen können die Cellulose sogar als Nährstoffquelle nutzen und helfen so, die Zelle nach ihrem Einsatz abzubauen. Ihre bevorzugte «Nahrung» besteht allerdings aus einfachen Zuckermolekülen, die den Batterien zugesetzt werden. «Man kann die Pilzbatterien in einem getrockneten Zustand aufbewahren und am Einsatzort einfach durch die Zugabe von Wasser und Nährstoffen aktivieren», sagt Reyes.
Obwohl die robusten Pilze solche Trockenphasen überleben, barg die Arbeit mit den lebenden Materialien einige Herausforderungen für die Forschenden. Das interdisziplinäre Projekt vereint Mikrobiologie, Materialwissenschaft und Elektrotechnik. Um die Pilzbatterien zu charakterisieren, musste sich gelernte Mikrobiologin Reyes nicht nur Techniken aus der Elektrochemie aneignen, sondern sie auch für die 3D-Drucktinte anpassen.
Nun wollen die Forschenden die Pilzbatterie leistungsfähiger und langlebiger machen – und weitere Pilzarten suchen, die sich als Stromlieferanten eignen. «Gerade im Bereich der Materialwissenschaft sind Pilze noch zu wenig erforscht und genutzt», sind sich Reyes und Nyström einig.
Carolina Reyes, Erika Fivaz, Zsófia Sajó, Aaron Schneider, Gilberto Siqueira, Javier Ribera, Alexandre Poulin, Francis W. M. R. Schwarze, Gustav Nyström; „3D Printed Cellulose-Based Fungal Battery“; ACS Sustainable Chemistry & Engineering, Volume 12, 2024-10-15
Meistgelesene News
Originalveröffentlichung
Carolina Reyes, Erika Fivaz, Zsófia Sajó, Aaron Schneider, Gilberto Siqueira, Javier Ribera, Alexandre Poulin, Francis W. M. R. Schwarze, Gustav Nyström; „3D Printed Cellulose-Based Fungal Battery“; ACS Sustainable Chemistry & Engineering, Volume 12, 2024-10-15
Themen
Organisationen
„Wir wollen ein selbstlernendes KI-System entwickeln, das einzelne Moleküle schnell, gezielt und in der richtigen Ausrichtung platziert, und das alles völlig autonom“
Forschende beobachten und kontrollieren ultraschnelle Oberflächenwellen in Graphen
Neue Perspektiven für die Entwicklung nachhaltiger organischer Materialien in der Photokatalyse und Optoelektronik
In einer hybriden Kaskade wird aus klimaschädlichem CO2 wieder wertvolles Methanol
Die ungiftige Beschichtung bietet sicherere Lösungen gegen Feuer
Elektrolyt-Additive für verbesserte Energiespeicherung: „Synchrotrontechniken bieten leistungsstarke Werkzeuge zur Charakterisierung von Batteriematerialien“
Materialien mit negativer Wärmeausdehnung als Elektroden für Lithium-Ionen-Batterien
Ein neuer Ansatz für effektive thermoelektrische Kühlung bei niedrigen Temperaturen
Automatisierte Analysemethode zur Beschleunigung des Entdeckungsprozesses bei Einzelatomkatalysatoren
Forscher veränderten Bakterien in der Abwasserbehandlung
Degradationsprozesse im Blick
Erstmals unerwünschtes organisches Abfallprodukt in der Redox-Flow-Batterieforschung verwendet
Universelle Lösung mit indirektem Klimaschutz
„Unsere Methode verwendet nachhaltige, kostengünstige Katalysatoren und arbeitet bei Raumtemperatur mit sanftem blauem Licht“
Mit diesem Durchbruch werden zwei Umweltprobleme auf einmal angegangen
Eine wahre Goldgrube
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.
Forscher der Case Western Reserve University entwickeln Zink-Schwefel-Batterietechnologie weiter
Mit diesem Durchbruch werden zwei Umweltprobleme auf einmal angegangen
Eine wahre GoldgrubeMögliche Anwendung für selbstreinigende Oberflächen in Automobilen oder GebäudenOhne jeglichen Kohlenstoff-Fußabdruck
Ein maßgeschneiderter „Superman-Umhang“ für Bakterien
Universelle Lösung mit indirektem Klimaschutz
Erstmals unerwünschtes organisches Abfallprodukt in der Redox-Flow-Batterieforschung verwendet
In einer hybriden Kaskade wird aus klimaschädlichem CO2 wieder wertvolles Methanol
ETH-Spin-off Aeroskin Tech entwickelt eine innovative Wärmedämmung, die dank Aerogel-Technologie Gebäude effizienter und nachhaltiger isoliert
Forschungsergebnisse wurden an das Biotech-Start-up BioRevert übertragenBauchspeicheldrüsenkrebszellen haben einen erhöhten Spiegel an Wasserstoffperoxid
Warum eine seit langem eingesetzte Kombinationstherapie gegen schwarzen Hautkrebs besser wirkt als die EinzelwirkstoffeMit einem neuen Ansatz lässt sich die Form eines ungeordneten Proteins auf zwei verschiedene Arten bestimmen – an derselben Probe
Erstmals Struktur und Funktionsweise des Zorya-Systems beschriebenGrundlage für neue Behandlungsstrategien gegen Krebs
Neuer Prozess erstmals entdeckt und beobachtet
Genetischer Werkzeugkasten im Einsatz
Meta-Analyse früherer Studien deutet auf positive Wirkung hinNeue superauflösende mikroskopische Methode entwickelt
„Es ist selten, dass ein Molekül gegen so viele verschiedene Grippeviren schützen kann“Forschende haben einen Mechanismus identifiziert, der möglicherweise die neurologischen Symptome von Long COVID erklärt
Neuartiges Antibiotikum
Adstringenter Geschmackseindruck ist Folge eines Schmierdefekts im Mund
Biosensoren zeigen Verhältnis von NADPH zu NADP⁺ erstmals in lebenden Zellen in Echtzeit an
Langsame Gehirnwellen machen Hirnrinde besonders aufnahmebereit
Rotkohl aus dem Glas hat weniger Vitamin C, der aus Standbeuteln oft fast null
Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können
Algorithmus für besonders exakte Beurteilung von Hirnschäden
29 Whey-Protein-Produkte geprüft, die per Flagge oder mit „made in Germany“ oder „Ursprungsland Deutschland“ werben.Vereinbarung umfasst den Produktionsstandort in Illertissen
Eine neue Studie legt nahe, dass die Zunge neben süß, salzig, sauer, bitter und umami auch Ammoniumchlorid als Grundgeschmack wahrnehmen kann
Die Themenwelt Batterietechnik bündelt relevantes Wissen in einzigartiger Weise. Hier finden Sie alles über Anbieter und deren Produkte, Webinare, Whitepaper, Kataloge und Broschüren.
Die Themenwelt Batterietechnik bündelt relevantes Wissen in einzigartiger Weise. Hier finden Sie alles über Anbieter und deren Produkte, Webinare, Whitepaper, Kataloge und Broschüren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert