Metallvliese: Stoff für die Batterien der Zukunft

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Batterien werden immer leistungsfähiger. Einen deutlichen Energieschub könnte ihnen nun eine Entdeckung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg geben. Ein Team um Max-Planck-Direktor Joachim Spatz hat festgestellt, dass Metallvliese als Kontaktmaterial in Batterieelektroden den Ladungstransport insbesondere von Metallionen erheblich beschleunigt. Das ermöglicht es, deutlich dickere Elektroden zu bauen als heute üblich. Damit lassen sich gut die Hälfte des Kontaktmetalls und auch weitere Materialien einsparen, die nicht zur Energiespeicherung beitragen. Auf diese Weise können die Forschenden die Energiedichte in Batterien deutlich steigern.
„Die Grundlage dafür legt ein bislang unbekannter Mechanismus, den wir beim Ionentransport in Elektroden entdeckt haben“, sagt Joachim Spatz. Batterieelektroden bestehen aus einem Kontaktmaterial und einem Aktivmaterial. Das Kontaktmaterial – beim Minuspol von Lithium-Ionen-Batterien ist das heute eine Kupferfolie, beim Pluspol eine Aluminiumfolie – hat nur die Aufgabe, den Strom zur Elektrode und von ihr weg zu transportieren. Das Aktivmaterial ist das eigentliche Speichermaterial, das die Ladung beim Laden und Entladen aufnimmt und abgibt. Batteriehersteller verwenden dafür im Minuspol heute Graphit und im Pluspol verschiedene lithiumhaltige anorganische Verbindungen. Das Aktivmaterial ist porös, sodass es vom flüssigen Elektrolyten durchdrungen wird.
Die heute gebräuchlichen Aktivmaterialien nehmen zwar ziemlich viel Ladung auf, leiten aber gerade Ionen sehr schlecht. Die Ionen müssen dabei durch den flüssigen Elektrolyten in das Aktivmaterial wandern. Weil sie in eine Hülle von Elektrolytmolekülen gepackt und entsprechend voluminös sind, bewegen sie sich nur behäbig durch den Elektrolyten. Und im Aktivmaterial selbst kommen sie auch nicht gut voran. Das stellt Batteriehersteller vor ein Dilemma: Entweder sie machen die Elektroden dick, damit ihre Energiedichte möglichst hoch ist – dann lassen sich die entsprechenden Batterien aber nicht schnell be- und entladen. Oder sie machen die Elektroden extrem dünn und nehmen in Kauf, dass die Energiedichte sinkt, um eine rasche Be- und Entladung zu erreichen. Mit einem Kompromiss zwischen beiden Eigenschaften landen Batteriehersteller heute bei Elektroden, die etwa ein Zehntel Millimeter dünn sind. Das entspricht etwa dem Durchmesser eines menschlichen Haares.
Prozesse während des Ladens und Entladens beobachtet
Das Heidelberger Team weist nun mit einer Studie, die im Fachmagazin ACS Nano erschienen ist, einen Weg, wie Elektroden mindestens zehnmal dicker als heute üblich produziert werden können und sich trotzdem noch schnell laden und entladen lassen. Die Forschenden haben nachgewiesen, dass Lithiumionen an einer Kupferoberfläche ihre Molekülhülle abstreifen, sich dort absetzen und mit Elektronen, die sich unter der Metalloberfläche ansammeln, eine elektrische Doppelschicht bilden, die sogenannte Helmholtzschicht. „Mit einem eigens entwickelten Messaufbau und theoretischen Berechnungen haben wir gezeigt, dass sich die Lithiumionen durch die Helmholtzschicht circa 56 schneller als durch den Elektrolyten bewegen“, sagt Joachim Spatz. „Metalloberflächen sind also eine Art Autobahn für die Metallionen.“
Wenn Metallionen so schnell über Metalloberflächen wandern, heißt das: Es ist sinnvoll, das Aktivmaterial mit metallischem Autobahnnetz für den Ionentransport zu durchziehen. Genau das haben Joachim Spatz und sein Team gemacht. Die Forschenden haben Vliese aus Metallfäden hergestellt, die nur wenige hundertstel Millimeter dünn sind. In die Metallvliese brachten sie dann das Aktivmaterial ein. So kamen sie mit nur halb so viel Kupfer aus, wie für gängige Folienelektroden gebraucht wird. Selbst wenn eine Elektrode etwa zehnmal dicker ist als heute üblich, strömen die Lithiumionen über ein Vlies noch so schnell in das Aktivmaterial hinein und aus ihm heraus, dass es beispielsweise für den Einsatz in E-Autos reicht. Für die Vlieselektroden ergibt das unterm Strich eine um bis zu 85 Prozent höhere Energiedichte als für Folienelektroden.
„Die Versorgung eines Materials mit Ladung über zweidimensionale Schichten ist in keiner Weise effizient“, sagt Joachim Spatz und verweist auf das Vorbild der Natur: Sie versorge Organismen über ein dreidimensionales Netzwerk an Gefäßen. „Das ist das Ziel unserer Technologie: ein 3D-Versorgungsnetz für Ladungsträger, über das sich Batterien effizient laden und entladen lassen.“
Die Vlieselektroden sind aber nicht nur deutlich leistungsfähiger als Folienelektroden, sie lassen sich auch einfacher und kostengünstiger herstellen. Denn bei der Produktion heutiger Batterien müssen die Hersteller die dünnen Schichten Aktivmaterial in einem aufwendigen Prozess und mithilfe teilweise giftiger Lösungsmittel auf die Kontaktfolien aufbringen. In die Vliese lässt sich das Aktivmaterial dagegen in Pulverform einbringen. „Mit der Trockenbefüllung können wir vermutlich 30 bis 40 Prozent der Produktionskosten sparen, und die Produktionsanlagen brauchen ein Drittel weniger Platz“, sagt Joachim Spatz.
Da der Forscher in den Vlieselektroden großes Potenzial sieht, hat er bereits ein Start-up gegründet, das die Batterietechnik gemeinsam etwa mit großen Automobilherstellern zur Marktreife weiterentwickelt. Und das, so die Überzeugung von Joachim Spatz, könnte auch die Wettbewerbschancen deutscher Hersteller in der sich rasant entwickelnden Batterietechnik verbessern: „Mit unserer Technik haben wir die Chance, den Vorsprung der asiatischen Hersteller aufzuholen und besser zu sein.“
Yuanzhen Wang, Florian Aubermann, Joachim P. Spatz; „Enhanced Ion Mobility in Helmholtz Layer Enabling Ultrathick Electrodes“; ACS Nano, Volume 19, 2025-4-28
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